Sänger Oliver Gies spricht vor Konzert in Arnsberg über seine Liebe zum Jazz (erschienen im Kurier am 10.02.2019)
Die a capella-Gruppe „Maybebop“ erfreut sich nach mehreren Auftritten in Arnsberg bereits einer breiten Fangemeinschaft vor Ort. Der musikalische Kopf Oliver Gies kommt nun am Samstag, 16. März, mit seinem Jazz-Ensemble „Vocality“ nach Arnsberg. Gemeinsam mit Claudia Burghard und Nils Ole Peters (beide Gesang) sowie einem Instrumentaltrio widmet sich die Gruppe legendären Jazz-Melodien. Im Gespräch mit KURIER-Redakteurin Rebecca Weber spricht Oliver Gies über seine Begeisterung für die Musikrichtung Jazz und seine besondere Verbindung zu Arnsberg.
KURIER: Was unterscheidet die Gruppen „Maybebop“ und „Vocality“ und was bedeuten die Unterschiede für Sie als Künstler?
Oliver Gies: Das Repertoire von „Maybebop“ besteht aus deutschsprachigen Eigenkompositionen, mit denen wir durch alle möglichen Musikstile mäandern, von Madrigal bis Reggae, von Chanson bis Hip Hop. Hin und wieder streifen wir dabei auch meine heimliche Leidenschaft: den Jazz. Mit „Vocality“ kann ich dieser Leidenschaft nun abendfüllend frönen, was für mich einen unschätzbaren Ausgleich bedeutet. Die Band ist nicht minder vielfältig, sondern fächert den Überbegriff „Jazz“ noch mal in sämtliche Spielarten auf. Unsere fantastische Rhythmusgruppe (Klavier, Bass, Schlagzeug) liefert dabei ein beständiges Fundament, was uns Sängern auch mal ermöglicht, aus dem notierten Satz auszuscheren, wenn die Situation spontan danach ruft. Ein solistisch besetztes a-cappella-Quartett ist da deutlich fragiler: Jeder Einzelne muss immer sehr gewissenhaft genau das singen, was notiert ist beziehungsweise vorher abgesprochen wurde, ansonsten fällt der Gruppenklang sofort in sich zusammen. Bei Vocality genießen wir mehr Freiheiten. Und bei den gänzlich improvisierten Momenten zählt schließlich nur noch der Augenblick: Alle sechs Musiker sind voll beieinander, gehen aufeinander ein, ahnen Impulse voraus, werden qasi zu einem Schwarmwesen. Da passiert etwas, was sich rational nur schwer erklären lässt. Ein rauschhaftes Glücksgefühl.
KURIER: Sie schreiben auf Ihrer Homepage „Ein Leben ohneJazz ist denkbar, aber nicht sinnvoll.“ Wie meinen Sie das?
Gies: Mein erstes Instrument war das Saxophon, mit dem ich in der Big-Band meines damaligen Gymnasiums musikalisch sozialisiert wurde. Die Grooves, die Sounds, die Klänge, die Dynamik, der gruppendynamische Prozess der Improvisation, die Unberechenbarkeit – das alles hat mich nachhaltig in den Bann gezogen. Auch heute noch stehe ich als Besucher von Popkonzerten recht ungerührt inmitten tanzender und hüpfender Massen, wohingegen es mich bei Jazzkonzerten selten auf dem Stuhl hält. Noch mehr als bei allen anderen Musikformen zählt im Jazz der Moment, in dem alles, was man vorab geübt hat, in den Hintergrund tritt und man sich zu 100 Prozent auf das Miteinander einlässt. Man gibt sich auf und wird gemeinsam zu etwas Größerem. Anderen mag so etwas in Selbsterfahrungsseminaren, Yoga-Kursen oder beim Theatersport widerfahren. Ich erlebe es beim Konzert mit Vocality.
KURIER: Haben Sie musikalische Vorbilder, und wenn ja wen?
Gies: Mehrstimmiger Jazz-Gesang mit Band – da kommt niemand an „Lambert, Hendricks & Ross“ oder den „New York Voices“ vorbei, die wir auch tatsächlich beide sehr schätzen und denen wir mit zwei, drei Arrangements auch im Konzertprogramm die Ehre erweisen.
KURIER: Sie sind ja mit Maybebop schon öfter in Arnsberg aufgetreten. Wie ist der Kontakt nach Arnsberg entstanden und was schätzen Sie am Arnsberger
Publikum?
Gies: Dass Arnsberg seit vielen Jahren eine feste Station auf unserer Tour ist, verdanken wir den „Arnsberger akzenten“, die wir vor einer gefühlten Ewigkeit bei einem Workshop kennenlernen durften, mit denen uns seitdem eine treue Freundschaft verbindet und die auch von jeher unsere Konzerte in Arnsberg veranstalten – eine Konstellation, die so für uns einmalig ist. Nicht zuletzt deshalb fühlt es sich (so abgenutzt der Begriff sein mag) immer nach „nach-Hause-kommen“ an, in Arnsberg zu aufzutreten. Auch beim Publikum haben die das gute Gefühl: Man kennt sich. Woanders braucht es mitunter etwas Zeit, um miteinander warm zu werden, in Arnsberg geht’s vom ersten Song an in die Vollen.
KURIER: Worauf kann sich das Publikum beim Konzert von Vocality am 16. März freuen?
Gies: Ich lehne mich mal aus dem Fenster: Nähe zum Publikum, ansteckende Spielfreude, Musik, die zupackt, Musik, die berührt, Momente zum Lachen, Momente zum Abheben, Momente zum Mitgrooven. Unser Repertoire bedient einerseits Jazzfreunde, durch unseren mehrstimmigen Satzgesang andererseits aber auch Anhänger der Chor- und a-cappella-Szene. Sehr gefreut hat mich das Feedback einer Konzertbesucherin nach einem Vocality-Konzert Anfang 2018: „Ich kann mit Jazz ja sonst nicht so viel anfangen, aber das, was ihr da heute gemacht habt, war echt richtig, richtig toll!“
KURIER: Vielen Dank für das interessante Gespräch!
Das Konzert beginnt um 19.30 Uhr in der Kulturschmiede Arnsberg. Die musikalische Begrüßung übernimmt die Arnsberger Gruppe „akzente“. Karten sind im Vorverkauf auf dieser Homepage (Menüpunkt Tickets für Konzerte) und in der Buchhandlung Sonja Vieth erhältlich.